Genuss ist für Andreas Bosch ein Lebensgefühl, ein Stück Heimat wenn er die Aromen der Natur einfängt und in einem einzigen Moment erlebbar macht. Auf dem Hof seiner Brennerei liegt der Duft von Quitte, Luiken, Oberösterreicher Weinbirnen und Bittenfelder Apfel in der Luft. Früchte die der Brennmeister auf seinen Streuobstwiesen rings um Lenningen erntet. Die ältesten seiner Bäume zählen 150 Lenze. Darauf ist Andreas Bosch stolz, denn auf seiner rund acht Hektar großen Anbaufläche finden sich ausnahmslos alte Obstsorten, die frühere Generationen über Jahrhunderte hinweg selektiert und vermehrt haben.
"Allein von der Betzelsbirne gibt es nur noch ca. 7 Bäume in Unterlenningen", berichtet der 47-Jährige und betont: Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist den Reichtum lokaler Sorten zu erhalten. Ihr Erbmaterial ist ein Kulturgut, das in seiner Vielfalt im mitteleuropäischen Raum einmalig ist." Auf diesem breiten Fundament fußt die Schöpfung feinster Destillate. Die Herstellung ist eine Kunst für sich.
Bevor das Obst vom Baum in die Brennerei in de Kirchheimer Straße 43 wandert, bestimmt Andreas Bosch erst einmal den Zuckergehalt der Früchte. "Je nach Sorte liegt das Optimum zwischen 50 und 70 Öchsle" berichtet der Experte, der die Früchte nach der Ernte zu Maische verarbeitet. Dann gibt er eine Reinzuchthefe in das Gemisch, die den Fruchtzucker in Alkohol und Kohlendioxid umwandelt.
"Ein Vorgang der", Andreas Bosch zufolge, "mehrere Monate in Anspruch nimmt". Ist die alkoholische Gärung abgeschlossen fließt die Maische in die Destillationsanlage. Unter Hitzezufuhr löst sich der Dampf aus Alkohol und Wasser aus der Maische. Über mehre Böden wandert er durch die kupferne Anlage, in der die Bestandteile des Dampfes durch Kondensation voneinander getrennt werden. Am Ende aller Mühen läuft 70- prozentiger Alkohol aus der Destillationsvorlage, dieser wird anschließend mit Wasser auf 40 Volumenprozent verdünnt und 3 Jahre gelagert, ehe er ins Verkaufsregal wandert. "Um das Endprodukt als Destillat bezeichnen zu dürfen, muss ein Mindestalkoholgehalt von rund 38 Prozent vorliegen" so Andreas Bosch. 300 Liter Alkohol darf er laut Gesetz jährlich brennen. Gütlesbesitzer dürfen 50 LA Alkohol im Jahr von ihrem eigen Obst destillieren lassen. Um das eigene Obst lange haltbar zu machen, eigenen sich besonders die Obstdestillate. Aus 100 kg Äpfel oder Birnen lassen sich nach Angaben des Brennmeisters etwa 15L zu 40 % vol. Herstellen. "Von meinem Großvater bekam ich eine Flasche Kirschwasser die vor 40 Jahren angebrochen wurde. Der Inhalt schmeckt noch genau wie bei der Abfüllung.". Der 47-Jährige bedauert, dass es um die Wertschätzung der Streuobstbestände schlecht bestellt ist und das Wissen darüber, was sich aus den Baumfrüchten alles machen lässt, mehr und mehr verschwindet.
Andreas Bosch, der seinen Nebenerwerbsbetrieb in der dritten Generation führt, erzählt, dass viele seiner Kunden vor allem Streuobstbrände bei ihm einkaufen, weil sie einen Beitrag zur Pflege und Weiterentwicklung der Kulturlandschaft und damit zum Erhalt seiner Brennerei beitragen möchten. "Hier im Lenninger Tal gibt es zwar eine hohe Dichte an Brennereien, doch landesweit hat ihre Zahl, mangels Wirtschaftlichkeit, spürbar abgenommen." Außerhalb des Lenninger Destillengürtels ist es dem Fachmann zufolge zwischenzeitlich schwierig geworden beispielsweise an ein reines Kirschwasser heranzukommen. "Früher gab es bei uns zuhauf Kirschbäume. Heute sieht es anders aus" sagt der 47-jährige. "Sortenvielfalt gibt es in den Großbrennereien nicht. Die können nur die kleinen Betriebe mit ihrer Vielfalt an lokalen Obstbeständen liefern."
Damit das so bleibt, versucht Andreas Bosch seine Bäume zu erhalten und zu vermehren. Denn viele der alten Sorten, die im Erwerbsobstbau keine Rolle mehr spielen, hat keine Baumschule mehr im Angebot, wie der Brennmeister berichtet. So leistet der Lenninger nicht nur einen Beitrag zum Erhalt der Streuobstbestände, sondern auch zur Artenvielfalt der lokalen Pflanzen und der Tierwelt.
Quelle: https://www.teckbote.de/nachrichten/lokalnachrichten-lenninger-tal_artikel,-hochprozentiges-geschmackserlebnis-_arid,101972.html
Autor Teckbote: Daniela Haußmann